In ihrem Beitrag “Social Death Under the Social Credit System” unternimmt Jun Wu den Versuch einer kritischen und historischen Einordnung des Social Credit Systems nach chinesischem Vorbild und fragt danach, was das System für Minderheiten und sozial Schwache bedeuten könnte. Sie untersucht, was passiert, wenn der Gesellschaftsvertrag, in dem sich die Einzelinteressen dem Gemeinwohl zugunsten des Wohls aller fügen, modifiziert werde durch Klassifizierungen, die die Regeln des Gesellschaftsvertrags zugunsten der Mehrheit beugen? Die Folge sei der soziale Tod der von sozialen und ökonomischen Strukturen ausgeschlossenen Menschen, die qua Werturteil (“good communists”, “bad communists”) in ein digitales Kastensystem sortiert werden, aus dem es für sozial Schwache kaum ein Entrinnen gebe. Dagegen folge die Mehrheit den von der Partei aufgestellten “Normen” und darf im Gegenzug auf Privilegien und Partizipation hoffen. Jun Wu zieht auffällige Parallelen zu Maos Kulturrevolution, die den Keim des Misstrauens bis in die Familien getrieben und die chinesische Gesellschaft zerstört hatte. Wenn das Social Credit System dazu führe, Minderheiten auszugrenzen und zu stigmatisieren sowie die Kreativität und Freiheit der Mehrheit zu beschneiden, dann sei der Weg in die inhumane Welt einer Sklavenhaltergesellschaft vorgezeichnet. Mit Blick auf die weltweite Ausbreitung von Scoring Systemen beschließt Jun Wu ihren Beitrag: “When western nations start to think about the implementation of the social credit system for their own countries, think about the implications.”
Wu, Jun. Social Death Under the Social Credit System. How virtual crimes may be committed by the majority against the minority under the social credit system. Towards Data Science, 29 Aug 2019. https://towardsdatascience.com/social-death-under-the-social-credit-system-4d9c38b72c11